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80. Geburtstag und goldenes Priesterjubiläum
Friedhelm Keuser

Aus der Ansprache von Klaus-Peter Vogel, Heilige Familie

[1976, Friedhelm Keuser ist zum Pastor der Heiligen Familie ernannt]

"... Wir lernten einen jungen, unkonventionellen Priester kennen, der vom ersten Moment an mehr als nur „unser neuer Pastor“ war.
Aufgeschlossen, mutig, aktiv, schnell im Handeln, konsequent im Denken – so erlebten wir ihn vom ersten Tag an. Ein Mann, der an allen Ecken anpackte und dabei natürlich auch an vielen Ecken aneckte. Das aber gefiel uns als Jugendlichen besonders gut.

Seinen Dienst in der damals noch sehr kleinen Gemeinde Heilige Familie begann er am 11. April 1976 – Palmsonntag! Und er machte an diesem Nachmittag den Palmsonntag zu seinem Programm – nicht- wie man denken könnte – weil er einen triumphalen Einzug in sein neue Gemeinde gehalten hätte, sondern weil er der Gemeinde in seiner Predigt des Einführungsgottesdienstes sagte, dass mit dem Palmsonntag die Woche begann, in der Jesus sein Kreuz tragen musste – so wie jeder aus der Gemeinde ja auch sein Kreuz tragen müsse. Und – so sagte er: „ Ich bin gekommen, weil  ich mit Ihnen zusammen dieses Kreuz tragen möchte!“

Wir waren schon beeindruckt und wir haben über 38 Jahre hinweg erlebt, dass unser Pastor Friedhelm Keuser genau das getan hat.
Er ist den Weg der Gemeinde mit Ihr zusammen gegangen – immer. In einem Eheleben würde man sagen „In guten wie in schlechten Tagen!“ Von jeder Sorte hat es in all den Jahren reichlich gegeben. ...

Ich möchte lieber ein Bild der Person Friedhelm Keuser zeichnen,
so wie ich es in alle den Jahren erleben durfte. Kein Foto – das nur einen Moment erfassen und festhalten kann, auch keine Ikone – denn bis zur Heiligsprechung ist schon noch ein langer Weg.
Eher eine Glasmalerei, die viele Facetten sichtbar machen kann.

Da ist in erster Linie der PriesterPriester seit 50 Jahren.
Als du am 2. Juli 1970 geweiht wurdest, hattest du keine Vorstellung von dem, was dich bis heute in diesem Beruf ereilen würde. Obwohl Gottes Fingerzeig an diesem Tag sehr eindeutig war: Es hat nämlich geregnet, sprich: Du hast von Anfang an im Regen gestanden. Oder anders: Schon damals zeichneten sich schwere Zeiten ab. Dir aber war das völlig egal – im festen Vertrauen auf Gott und den Sonnenschein hast du an die guten Zeiten geglaubt und bist gradlinig und konsequent deinen priesterlichen Weg bis heute gegangen. Es hat viel Regen gegeben in all den Jahren, aber immer wieder war auch die Sonne da und hat auch dich oft strahlen lassen.

Als Priester warst du vor allem Seelsorger. Seelsorger mit unermüdlicher Sorge um die Seelen der nach Gott Suchenden –  immer da. Trotz deiner gnadenlosen Termindichte hattest du immer Zeit für den, der dich brauchte, dich suchte, mit dir sprechen wollte. Auf jeden hast du dich eingelassen – hast immer den Menschen vor dir gesehen – ohne Ansehen der Person.
Der Obdachlose bekam deine Zeit genauso wie sie auch Frau Merkel bekommen hätte, wenn sie es denn gewollt hätte.
In den Gesprächen trafen Freud und Leid unmittelbar aufeinander. Gerade noch mussten große Probleme gelöst und Tränen ertragen werden, wo im nächsten Moment die Nachricht von der Geburt eines Kindes die größte Freude wecken konnte. Friedhelm Keuser – der Seelsorger mit ständigem Kontrastprogramm, immer mit dem Blick auf die Seele und nicht mit dem Blick auf die Paragraphen, die der leidenden Seele in diesem Moment nicht geholfen hätten.

Der Priester Friedhelm Keuser war aber vor allem Prediger, er ist Verkünder! Deine Kirche – dein Altar – dein Ambo. Viele Jahre in Stockum – Lohausen – Golzheim, auch in Lichtenbroich und Unterrath – seit sechs Jahren hier in Ratingen, hier in Lintorf.
Danke an diese Gemeinde. Danke dass Sie ihn hier so toll aufgenommen haben – wollte er doch von uns am liebsten gar nicht weg. Danke, dass er hier ein neues Zuhause bekommen hat.
Bei uns fand und hier findet Verkündigung statt. Die Menschen deiner Gemeinden kamen, um dir zuzuhören. Sie kamen und kommen, um etwas zu bekommen. Sie nehmen deine Gedanken auf, nehmen sie mit in den Tag, in die neue Woche, mit in ihr Leben.

Und dann war da der Pastor. Der Vorsteher der Gemeinde, der Impulsgeber für das Leben in und um die Kirche herum. Der Pastor, der als Ausschussgründer schon 14 Tage nach Amtsantritt die Gemeinde ins Boot Heilige Familie holte und sie in vielen selbstständigen und verantwortungsbewussten Sachausschüssen denken und arbeiten ließ. Selbst warst du immer mitten drin dabei, auch dann, wenn wir gern mal ohne dich getagt hätten. Tröstlich nur, dass allen von Beginn an klar war, dass bei einem Sitzungsleiter ohne Sitzfleisch die Sitzung nie über 7o Minuten hinauskommen würde.
Aus dem Pastor der Heiligen Familie ist der leitende Pfarrer der Heiligen Familie geworden. Wohl gemerkt – leitender Pfarrer – wir haben uns da nicht versprochen, obwohl du als leitender viel zu leiden hattest.
Dein Dilemma war: Du wolltest es immer jedem Recht machen.
Es jedem Recht machen zu wollen, geht aber auch als leitender Pfarrer nicht und das spürtest du Tag für Tag, Jahr für Jahr.
Du spürtest es bei der Sorge um deine Gemeinde, genauso aber auch in der Sorge um den mitbrüderlichen Zusammenhalt der Seelsorgerinnen und Seelsorger in geschwisterlichem Miteinander, für das du als Dechant viel Kraft und Zeit aufgebracht hast.

Friedhelm Keuser begegnet uns auch immer wieder als Beobachter – als Wahrnehmer. Wahrnehmer mit seinen Augen und – obwohl er schon etwas schwer hört – mit den Ohren. Und – er merkt sich – auch heute noch - alles! Er beobachtet Zusammenhänge, er deutet sie und zieht seine Schlüsse daraus. Das macht ihn stark in der Einschätzung von Menschen, von Menschen in ihren Situationen. Er nimmt nicht nur die neue Brille oder die neue Frisur wahr, sondern vor allem jede emotionale Veränderung. Genau das macht den Wahrnehmer Friedhelm Keuser so stark.

Der Mensch und Freund Friedhelm Keuser ist gern Berater und Helfer. Er berät besonders gern sehr unkonventionell, egal wen und egal wann. Das Erstaunlichste ist, dass man sich nur auf den Rat einlassen muss – es klappt dann schon. – Weiß Gott warum! –

Unschlagbar ist Friedhelm Keuser als Autofahrer.
Mit 79 Jahren hat er aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung seinen Führerschein noch einmal neu gemacht. Das will was heißen! Er hat immer schon Wert auf ein schickes Auto gelegt – quasi sein Markenzeichen. Und bei jedem seiner Autos waren das Wichtigste für den Auto-Pfarrer Keuser die Bremse und die automatischen Fensterheber: Überall – und wenn nötig mitten auf der Kreuzung – hielt und hält er an – Fenster auf und schnell zwei Sätze zu denen, die er gerade getroffen hat. – Quasi Seelsorge im Vorbeifahren!

Vor allem aber – meine Damen und Herren - steckt in Friedhelm Keuser der Mensch Friedhelm Keuser.
Ein ganz normaler Mensch – kein Übermensch.
Ein Mensch mit Schwächen und sicher ganz vielen Stärken.
Ein Mensch mit Nöten, Ängsten und Hoffnungen, ein Mensch, der lacht und der weint.
Wir kennen dich auch – und ich weiß, dass ich das sagen darf,
aus vielen schweren, ja unmenschlich schweren Stunden, in denen Du Dein Kreuz tragen musstest und wir nur ein wenig tragen helfen konnten. Die Jahre, in denen dich die Depression quälte, das letzte Jahr, in dem das Krankenzimmer dein Zuhause war.
Zeiten, in denen Du hart auf die Probe Deines und unseres Glaubens gestellt wurdest. Zeiten, die Du ausgehalten und durchgestanden hast, mit einem unbeugsamen Willen und klaren Zielen, gestärkt durch dein Vertrauen in Gottes Hand.
Das Bild der Karwoche, die mit dem Palmsonntag begann, würde hier als Metapher mehr als passen, bis hin, dass wir so etwas wie ein Osterfest mit dir feiern können.

Du bist nach alle den schweren Zeiten zurück im Leben, mehr denn je! Du darfst heute – mehr denn je – mit Stolz auf das blicken, was du in deinem Leben geschafft hast – als Priester, als Pfarrer, als Mensch, als Freund.
Jeder sieht dabei in dir natürlich etwas anderes, jedem sind andere Facetten wichtig: der eine mehr den Pastor, der andere mehr den Seelsorger, der eine heute den Freund, morgen den Nachbarn, der eine braucht mehr den Ratgeber, ein anderer eher den Priester, dem er sich anvertrauen kann.

Manche Menschen reiben sich nach wie vor an dir und mögen dich trotzdem – weil alle wissen, was wir an dir haben:

Einen sorgenden Seelsorger,
einen lebendigen Verkünder
einen Priester für die Menschen
also: einen richtig guten Mitmenschen.





Lieber Friedhelm, für all das, was Du tust und getan hast,
herzlichen Dank.
Für alles was kommt, weiterhin dein unerschütterliches Gottvertrauen.
Suche und behalte deinen Platz bei den Menschen
in ihrer Nähe und in ihren Herzen –
denn das ist die Seelsorge, die wir brauchen
und an dir so schätzen. - Vielen Dank.